Projekt Beschreibung

Die Geschichte der Stiftung

Der Lübecker Textilkaufmann Gustav Jäde (1850-1913) entschloss sich im November 1908, in seinem Heimatort Schwartau eine Stiftung zu errichten. Deren Zweck sollte es sein, „würdigen und bedürftigen Personen ledigen Standes, welche nicht der öffentlichen Armenpflege anheimgefallen sind, angemessene Wohnung und Gartenland für ihre letzten Lebensjahre zu gewähren“. Mit einem Manufakturgeschäft war Jäde zu Wohlstand gekommen. Der erfolgreiche Geschäftsmann, zu der Zeit auch Mitglied der Lübecker Bürgerschaft, wählte als Standort für die Gründung des Wohnheims das Grundstück Riesebusch 32-34, auf dem Jädes Elternhaus gestanden hatte. Zu Ehren seiner Eltern, Mathias (1808-1894) und Charlotte (1827-1902), gab er seiner Stiftung den Namen „Mathias- und Charlotte-Jäde-Stiftung“. Aus Jädes Kindheit und Jugend in der einfachen Handwerkerfamilie ist bekannt, dass der Sohn sehr an seinem Elternhaus hing und seinem Vater, einem Schmied, in dessen Werkstatt half. Eines seiner vielen späteren Ehrenämter in Lübeck war die Mitarbeit in der Vorsteherschaft des „Heiligen Geist-Hospitals“ am Koberg – womöglich der Ausgangspunkt für seine Idee, sich um das Wohl älterer Menschen zu kümmern. 

Seine Stiftung stattete der Textilkaufmann mit Vermögen in Form des Grundstücks Riesebusch, einer benachbarten Wiesenfläche und Kapital aus. Unterlagen über dessen Höhe gibt es nicht mehr, aber es ist belegt, dass der Bau des Stifts 300.000 Mark kostete. Jäde selbst konzipierte das zweigeschossige verputzte Backsteingebäude mit zwei Giebeln, vielen Gauben, Mansarddach, säulengeschmücktem Portal und anderen Jugendstilelementen als Wohnheim mit 20 großen und sieben kleinen Wohnungen. Die großen Einheiten bestanden aus zwei Zimmern und einer Küche, die kleinen aus einem Zimmer plus Küche. Für die gemeinschaftliche Nutzung vorgesehen waren Toiletten, ein Bad, ein Lesezimmer, Plätt- und Mangelstube sowie Kellerräume und ein besonders gut ausgestatteter Andachtssaal im ersten Stockwerk. Bei seinen Planungen dachte Jäde also nicht an eine Vollversorgung der Bewohner, sondern schnitt das Haus auf weitgehend selbstständig ihr Leben gestaltende Frauen und Männer zu – eine frühe Form von betreutem Wohnen. 

Am 30. März 1910 wurde in großem Kreis mit vielen geladenen Gästen die Einweihung des Stifts gefeiert. Die Stadt Bad Schwartau verlieh ihrem Mäzenen als erstem Bürger die Ehrenbürgerwürde. Die ersten Bewohner suchte Gustav Jäde, selbst aus. Er stellte als Hausmütter Zehlendorfer Diakonissinnen ein, besuchte das Haus regelmäßig und nahm bis zu seinem Tod am 24. Juli 1913 an den Sitzungen des Vorstandes teil. Zuvor hatte Jäde der Stiftung noch Grundstücke an der Wilhelmstraße geschenkt. Zum Grundbesitz gehörte auch ein unterhalb des Gebäudes liegender Park mit zwei Karpfenteichen. Ein Großteil seiner Hinterlassenschaft in Höhe von rund einer Million Mark ging an die „Mathias- und Charlotte-Jäde-Stiftung“ sowie eine „Gustav-Jäde-Stiftung“, die in Lübeck zur Unterstützung von bedürftigen, im Ausland lebenden oder in Ausbildung befindlichen Kaufleuten gegründet werden sollte. 

Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg traf die Bewohner des Altenstifts und die Stiftung hart: Die Grundstücke an der Wilhelmstraße mussten verkauft werden, doch der Erlös ging durch die Inflation verloren. Als 1929 größere Reparaturen an dem Gebäude notwendig wurden, reichte das vorhandene Geld nicht zur Deckung der Kosten aus. Der Vorstand des Heims sah sich gezwungen, von den Bewohnern eine Umlage zu erheben. Dennoch mussten wenige Jahre später erneut ein Teil des Grundbesitzes verkauft werden. Die Oldenburgische Regierung in Eutin erwarb 1934 den Park mit den zwei Karpfenteichen für 1850 Reichsmark. Der Park sollte in einem neu anzulegenden See als Insel erhalten bleiben. Das Projekt wurde zwar so nicht realisiert, doch mit dem „Schwartauer See“ entstand damals das Kernstück der heutigen Kuranlage. 

Über die Geschichte des Stifts in den Jahren 1935 bis 1947 gibt es keine Aufzeichnungen mehr. Fest steht nur, dass bereits 1945 eine schwere Zeit angebrochen war für das Heim und seine Bewohner. Auf Befehl der britischen Besatzungsmacht wurde das Gebäude am 31. Juli 1945 vom Landrat in Eutin beschlagnahmt. In ihm sollte ein Notkrankenhaus eingerichtet werden. Dafür wurde mit Ausnahme der obersten Etage das ganze Haus in Beschlag genommen. Die Bewohner mussten bei Verwandten und Bekannten um Unterkunft bitten. 

Für die Nutzung als Krankenhaus waren etliche Umbauten vonnöten. Im Souterrain richtete man eine große Küche ein, im ersten Stock entstand durch die Zusammenfassung mehrerer Räume ein Operationssaal mit einer kleinen Zentralheizung. Das Krankenhaus hatte eine innere und eine chirurgische Abteilung mit insgesamt 100 Betten. Die Stadt Bad Schwartau als Träger der Einrichtung zahlte der Stiftung eine monatliche Entschädigung von 2000 DM. Das Krankenhaus ergänzte die medizinische Versorgung der Bevölkerung, die sich nach dem Krieg von 8000 auf dann knapp 16000 Einwohner fast verdoppelt hatte. 

Als das Behelfskrankenhaus den höheren Anforderungen an medizinischer Ausstattung und Hygiene nicht mehr gerecht werden konnte, beschloss die Stadtverordnetenversammlung Ende 1958, das Krankenhaus zum Sommer 1959 aufzulösen. Ersatz bot von 1963 an das Agnes-Karll-Krankenhaus. 

In den Jahren seit 1947 hatte den Stiftsbewohnern nur das obere Stockwerk zur Verfügung gestanden. Als das Krankenhaus aufgelöst werden sollte, beantragte Bürgermeister Dr. Heinz Blankenburg, seit Mai 1950 Vorsitzender im Vorstand des Jäde-Stifts, die Beschlagnahmeverfügung aufzuheben. Das Gebäude sollte wieder seinem ursprünglichen Zweck dienen. Mit der Stadt Bad Schwartau einigte man sich darauf, dass die Stiftung zur Abgeltung aller Ansprüche eine Entschädigung in Höhe von 35000 DM erhalten sollte. 

Nach der Rückgabe sollten die Wohnungen gemäß einer Idee von Blankenburg nicht mehr vermietet werden. Geplant war – im Zuge einer gründlichen Überholung und Modernisierung – der Umbau des Gebäudes zu einem Altenheim. Aufgrund der Flüchtlingsströme war die Wohnungslage auch in Bad Schwartau prekär. Insbesondere ältere Menschen fanden schlecht eine Unterkunft, zumal das kleine städtische Altenheim an der Auguststraße in jeder Hinsicht so unzulänglich war, dass es den Beinamen „Armenhaus“ trug. 

Auf der Grundlage von Plänen des Stadtbauamtes begann der Ausbau des Stiftsgebäudes. Zu den umfangreichen Reparatur- und Renovierungsarbeiten gehörten der Einbau einer Zentralheizung, eines Lastenaufzugs von der Küche zum neuen Speisesaal im ersten Stockwerk, zusätzlicher Bäder und Toiletten und einer Kläranlage. Die dafür erforderlichen Kosten in Höhe von 185.000 DM setzten sich zusammen aus Eigenkapital der Stiftung sowie Darlehen der Kreissparkasse Eutin und der Wohnungsbau-Kreditanstalt Schleswig-Holstein. Als der Umbau abgeschlossen war, war das Budget um 12.000 DM überschritten worden. Diesen Posten sowie 37.000 DM für die Anschaffung des Inventars übernahm die Stiftung. 

Das Altenheim wurde am 1. Februar 1960 in Betrieb genommen. Die ersten 14 der 66 Bewohner kamen aus dem städtischen Altenheim an der Auguststraße, das dann endlich geräumt werden konnte. Die übrigen Bewohner wählte der Vorstand aus eingegangenen Bewerbungen aus. Der Vorstand legte zwar Wert darauf, im Sinne des Stifters Gustav Jäde nur Schwartauer Bürger aufzunehmen, aber da aus der Stadt nur wenige Bewerbungen kamen, entschloss man sich schweren Herzens, auch auswärtige Kandidaten aufzunehmen. Als sich der geordnete Heimbetrieb etablierte, wuchs die Zahl der Bewerber, sodass in der Folgezeit wieder fast ausschließlich Bad Schwartauer Bürger/innen ins Jäde-Stift einzogen. 

1964 entschloss man sich angesichts der steigenden Nachfrage, einen Erweiterungsbau mit mehreren Zimmern, einer Schwesternwohnung, einem großen Gemeinschaftsraum und einem Dachgarten zu errichten. Im Juli 1967 war der 292.000 DM teure Anbau fertig, die Bettenzahl von 66 auf 80 gestiegen. 

Gesetzesänderungen für rechtsfähige Stiftungen machten es 1972 erforderlich, dass der Vorstand eine neue Satzung beschloss. Auch diese orientierte sich an dem Grundgedanken des Stifters Gustav Jäde. 

1996 geht als schwarzes Jahr in die Geschichte des Hauses ein: 24 Stiftsbewohner mussten ihre Zimmer im zweiten Obergeschoss räumen: Die Etage wurde aus Brandschutzgründen komplett gesperrt. Die städtische Bauaufsicht hatte bei einer Brandschau einen 20 Punkte umfassenden Mängelkatalog formuliert. Die Inspektion war die Folge einer Anzeige eines gekündigten früheren Mitarbeiters gewesen. Da wegen der Sperrung der Räume die anfallenden Kosten nicht mehr gedeckt werden konnten, der Investitionsstau im Altbau erheblich und ein geplanter Erweiterungsbau für knapp acht Millionen DM an den Vorgaben der Pflegeversicherung gescheitert war, drohte dem Altenheim und der Stiftung das Aus. Eine brandschutzgerechte Sanierung des Altbaus war nicht machbar, eine längerfristige Unterbringung der Bewohner nicht mehr möglich. Der langjährige Stiftungsvorsitzende Dr. Heinz Blankenburg trat zurück. Der verbleibende Vorstand wählte aus seiner Mitte Herrn Dietrich Klindwort zum Vorsitzenden des Vorstands, allerdings in ehrenamtlicher Funktion. Alle anderen Vorstandsmitglieder waren ebenfalls wie vorher auch ehrenamtlich tätig. 

Dieser negativen Entwicklung war folgendes voraus gegangen. 

Mit unserem Vorstandsmitglied Egon Köster hatten wir in Phase 1 einen Bauantrag eingereicht Dieser Bauantrag wurde nach über 1 Jahr Bearbeitungszeit abgelehnt. Mit der Begründung, die Flure seien nicht breit genug, so dass 2 Betten im Brandfall nicht aneinander vorbei geschoben werden können. Der Architekt hatte uns berichtet, dass eine solche Vorschrift in Schleswig-Holstein derzeit nicht galt. Wegen der schon damals guten Kontakte zum Bundesland NRW wurde dort nachgefragt mit dem bekannten obigen Ergebnis. 

Nach dem Ableben des Architekten Egon Köster musste der Vorstand sich einen neuen Partner suchen. Mit den Architekten Wicklein und Kaphengst konnte dann im Dezember 1995 eine Baugenehmigung erwirkt werden. Am Ende reicht die schlichte Feststellung, dass über 3,5 Jahre Planungszeit den Niedergang der Stiftung begünstigt hatten. Daher stammt der Ausspruch von Dietrich Klindwort, wir haben den Wettlauf mit der Zeit verloren. Dem Vorstand war die angespannte Situation bekannt. Er hatte erhebliche Anstrengungen unternommen, um Abhilfe zu schaffen. 

Der neue Vorstand hatte ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen (Fa. Wittke und Lorenzen) zur Beratung bestellt. Seitdem wurde die bis dahin kameralistisch geführte Buchführung auf die doppelte Buchführung umgestellt. 

Im Oktober 1996 legte der neue Vorstand der Stiftung ein Konzept zur Rettung des Altenheims vor. Für rund 400.000 DM sollten zunächst die Brandschutzauflagen erfüllt, in einer zweiten Ausbaustufe weitere Zimmer im Dachgeschoss eingerichtet werden. Die nächste Hiobsbotschaft folgte jedoch bereits im Frühjahr 1997: Der Verband der Angestellten-Krankenkassen kündigte die Versorgungsverträge mit dem Stift. Damit brach der Einrichtung die Grundlage ihrer Finanzierung weg. Ende Juli zogen die letzten Bewohner aus, das Stift am Riesebusch war verwaist. Für die betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner waren neue Alten- und Pflegeheimplätze gefunden worden. 

Wegen der monatelangen Turbulenzen, der sinkenden Belegung und des Interessenausgleichs für die Mitarbeiter liefen Schulden in sechsstelliger Höhe auf. Zur Diskussion stand, ob Haus und Grundstück überhaupt verkauft werden durften, um diese Verbindlichkeiten und die Kosten für den erwarteten Sozialplan zu decken. Der Vorstand beschloss eine entsprechende Satzungsänderung und reichte sie an die Stiftungsaufsicht in Eutin weiter, um den Stiftungsgedanken Jädes auch unter neuen Bedingungen fortbestehen lassen zu können. Zur Diskussion stand im Sommer 1997 sogar der Abriss des Hauses, das in der Denkmalskartei als einfaches Kulturdenkmal eingetragen war und daher keinen kompletten Schutz vor einem Abriss genoss. In Verhandlungen mit einem Investor versuchte der Stiftungsvorstand die Chancen dafür auszuloten, zumindest die Jugendstilfassade zu erhalten. 

Grundstück und Gebäude der Mathias- und Charlotte-Jäde-Stiftung wurden im November 1997 verkauft. Das privat sanierte Haus wird seitdem als Bürogebäude genutzt. 

Mit dem Restvermögen von ca. 280.000,00 € existiert die Stiftung heute noch. Mit den Erträgen trägt die Stiftung dazu bei Gutes für die Bürger von Bad Schwartau zu tun, die der Hilfe bedürfen.  

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